Auf in den Dschungel

Nach einer nicht ganz so bequemen Nacht, werden wir von einem Fahrer vom Busbahnhof in Puerto Maldonado abgeholt. Jetzt heißt es erst einmal zu einem Hostel als Zwischenstation, um zu Frühstücken und sich frisch machen – mehr war es da auch nicht los. Länger hätten Achim und ich es nicht dort ausgehalten. Bald fuhren wir weiter zu eine Plantage mitten im Dschungel mit einer netten Lodge Nähe Puerto Maldonado und dem Rio Madre de Dios. Dort erwartete uns ein Spaßguide mit dem wir in einem Gähn…-Hochseilgarten einen Fitnesstest bestehen sollten, jedenfalls kam es mir so vor. Vorher war es eine Vermutung, jetzt habe ich es bestätigt bekommen, dass mich sowas langweilt. Gottseidank war ja Achim noch da und gemeinsam konnten wir uns über die Typen lustig machen. Immer noch zu viel Zeit bis zum Mittag – Mist, wir sind eben sportlich – kamen die Guides auf die glorreiche Idee, uns drei Fahrräder zu verpassen – oder besser drei Zustände. Was oberflächlich nach einem BMX-Rad aussah, entpuppte sich beim Fahren als zu kleines Mountainbike. Naja – dennoch bezweifle ich, dass es jetzt eine Herausforderung wird und langsam kippt auch die positive Einstimmung auf Natur im Dschungel. So sehen wir via Rad weitere Bananenplantagen, fahren den Fluss entlang mit einem 16 Jährigen, der nicht mal seinen Namen herausbrachte.

Wir fahren weiter zu einem kleinen Fährhafen runter zum Fluss. Dort finden Abholzarbeiten statt. Vielleicht will er uns der Guide ja auch auf die Naturprobleme aufmerksam machen, warum redet er dann über Vögel? Ok, wir schießen das ein oder andere Spaßfoto, mit und ohne Vögel. Bekommen aber leider nur die spanischen Namen von dem Jungen heraus. Die Rückfahrt unserer 7 km Strecke wird aber dann doch etwas sportlicher, als an einer Plantage ca. 5 Wachkötern nicht ein leuchten will, dass wir keine Bananen klauen wollen. Also legen wir alle mit unseren Minibikes einen beachtlichen Sprint hin, so dass die Hunde nach einem gefühlten Kilometer endlich erschöpft langsamer werden und bald ganz von uns abließen.

Wieder in der kleinen Lodge angekommen gab es unser mit Muskeln und Nerven verdientes Mittagessen. Kurz zuvor ist noch eine weitere Familie mit 2 Kindern im Alter von 10 und 11 eingetroffen. Wie sich später herausstellte, ein australisches Lehrerehepaar, welches in nur 14 Tagen noch Brasilien und weitere Aufenthalte vorhatte. Sie wirkten auf uns auch alle harmonisch, so dass wir schnell ins Gespräch kamen. Wir schätzten die beiden so auf Anfang 50. Nach dem Mittag stand für die Familie der Hochseilgarten an – das bedeutete für Achim und mich eine gepflegte Siesta in den einladenden Hängematten der offenen Lodge. In der Zeit beteten wir auch innerlich, dass das so nicht weiter geht.

Gegen 14 Uhr kam endlich fühlbare Bewegung auf und ein englischsprachiger neuer Guide betrat die Lodge. Rettung naht, denn er erklärte uns, dass er Osseo sei und uns dann mal Flussabwärts zur richtigen Dschungel-Lodge bringen wird. Etwas schräg beäugte er unser Gepäck, aber wir versicherten ihm, dass wir das Gewicht schon wesentlich weiter getragen hätten, als seine angegebenen 4 Kilometer durch den Wald. Am Flussufer bei den Booten angekommen warteten wir noch auf eine peruanische Familie, die sich auch für die zwei Übernachtungen im Dschungel entschieden hatte.

Die Fahrt auf dem Rio Madre de Dios empfanden wir in dem flachen Langboot extrem schön. Nach einer Stunde erreichten wir einen kleinen Hafen mit Treppe. Dieser führte fast direkt zum Eingang in den Tambupata-Nationalpark. Es erfolgte ein korrekter Checkin mit Passport etc.. Stellt sich mir doch die Frage, ob schon jemand hier im Dschungel verloren ging? Nach einer kleinen Wanderung erreichte die Gruppe den Anleger zum Sandoval Lake, der vor einigen 100 Jahren mal ein Seitenarm des Rio Madre de Dios gewesen sein soll. Schnell setzt die Dämmerung ein. Jetzt sehen wir so viele Glühwürmchen,  wie ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen habe. An allen Winkeln zucken kleine Lichtblitze auf und glimmen in der Dunkelheit nach. Wir zücken unsere Taschenlampen, machen das Kanu klar und auf gehts auf den See durch die Dschungelnacht mit einem unvergesslichen Sound der Natur.

Wir werden gepaddelt und der Guide entpuppt sich als weiterer Glücksgriff. Osseo erklärt uns, welcher Ton zu welchem Tier gehört. Er ist selbst in einem Dorf im Manu-Nationalpark geboren und aufgewachsen. Danach hat er in Cusco Biologie und Sprachen studiert. Wie er meint, in Peru aber eine brotlose Kunst. Daher ist er nun Guide, kennt aber die Zusammenhänge in der Umgebung wie kein Zweiter.  Wie wir so dahinschippern kommt man leicht ins Träumen und genießt die sternenklare Nacht mit all ihren Geräuschen, den seichten Wellen der Paddel und schaut in einen fremden Sternenhimmel der südlichen Hemisphere. Hier ist der hellste, als erstes scheinender vermeintlicher Stern die Venus. Auch sieht man den Nebel der Milliarden Sternen der Milchstraße viel besser.

Ein Zischen reißt mich aus dem Träumen – so als hätte jemand viele Brausetabletten in den See geworfen. Wir erfahren und merken auch gleich was das ist – auf dem Wasser spielt sich das Paarungsritual von Millionen von Maifliegen ab, die danach auf die Wasseroberfläche fallen und mit den breiten Flügeln im Wasser ein Rauschen erzeugen, welches nun allgegenwärtig ist. Ein paar davon wollen sich ins Boot retten – was sicher nicht hilft. Nach einer Stunde erreichen wir das andere Ufer des Sees. Noch ein paar Schritte mit unseren Taschenlampen und wir erreichen eine traumhafte Lodge im Dschungel, in der das Essen schon von den dort arbeitenden Köchen zubereitet wurde. Ein leckeres Mal mit all den Geräuschen und dem schönen Kennenlernen. Bei mir kippte die Laune schon längst wieder in die andere Richtung – doch richtig entschieden – alles wird gut 🙂

Nach dem Essen bezogen wir in unserem Raum Quartier, wo die Moskitonetze schon über die Betten gespannt wurden. Zwar kalt aber frisch geduscht, fühlten wir uns wieder richtig gut. Der Generator brachte bis 21 Uhr Strom, dann war eh schlafen angesagt. Also bis Morgen – Wildlife.